Ausstellung im Kunstverein Dillingen vom 08.09. bis 06.10.2024

Edgar Jené. Frühe Werke

Edgar Jené, geboren 1904 in Saarbrücken, war ein prägender Künstler des europäischen Surrealismus. Ersten Zeichenunterricht erhielt er von Fritz Grewenig, dem späteren Direktor der Staatlichen Schule für Kunst und Kunstgewerbe Saarbrücken. Nach Studien in München und Paris, wo er erste Kontakte zur surrealistischen Bewegung aufnahm, kehrte er 1928 nach Saarbrücken zurück und arbeitete dort freischaffend bis zu seiner Emigration nach Wien im Jahr 1935.

Eine bedeutende Rolle in Jenés Leben spielte seine damalige Lebenspartnerin Charlotte Pfaller, genannt Coco. Das Paar heiratete 1929 und lebte in Saarbrücken, wo 1931 ihr Sohn Tom geboren wurde. In der Ausstellung sind mehrere feinfühlig gemalte Aquarelle und Figurenbilder Cocos und Toms zu sehen, die von der großen Liebe des Künstlers zu seinen Modellen zeugt.

Edgar Jené hatte den engen Kontakt zu Fritz Grewenig seit seiner Schulzeit gehalten. Grewenig, ein bedeutender Förderer der saarländischen Kunstszene, erkannte Jenés Talent und half ihm, seine Werke einem breiten Publikum zu präsentieren. Jené stellte in Berlin, Paris, Frankfurt, Kaiserslautern und Saarbrücken aus. 1931 erhielt er ein Stipendium für die Villa Massimo in Rom.

Die Entdeckung früher Werke
Der Dillinger Kunstverein zeigt nicht die vielfach ausgestellten Arbeiten des Surrealisten Jené ab seiner Wiener Zeit, sondern anhand vieler bislang nie gezeigter Arbeiten den Weg des Künstlers vom lyrischen Expressionsmus zum beginnenden Surrealismus. Jené zeigt Portraits von melancholischer Sinnlichkeit, er experimentiert bisweilen mit der Abstraktion. In den Figurenbildern spielen Aktdarstellungen und Symbolik eine wichtige Rolle: Die Grenze zum surrealistischen Akt ist fließend. Die Landschaftsbilder beginnen mit eher traditionellen Stadtansichten und entwickeln sich zu kubistischen Bildern oder zu erlebnishaften Schnellzeichnungen. So wird deutlich, dass Surrealismus aus der Gegenständlichkeit entsteht, aus der Verbindung von Wahrnehmung, Erinnerung und Phantasie. In der Kunst ist die Schaffung von unerwarteten Kombinationen später für Jené ein zentraler Inhalt, er wird in Wien zu einer Leitfigur des Phantastischen Realismus.

Skandal in Nancy: „Ôtez cette toile“ (Entfernen Sie diese Leinwand)
Als kleinen Exkurs zum moralischen Dilemma der bürgerlichen Gesellschaft zeigt die Ausstellung „La Femme de pierre grise“ von Géo Condé aus Nancy. Das expressionistische Gemälde erinnert an Edouard Manets „Olympia“ (1863) und hatte ein ähnliches Schicksal: 1926 ließ es der Bürgermeister in einer Ausstellung moderner Künstler aus Nancy „aus Anstandsgründen“ umdrehen- wodurch er das Interesse der Besucher umso mehr entfachte. Kulturbedingte Verdrängung von Lust ist nicht zuletzt dank Sigmund Freud für die Surrealisten ein zentrales Thema, während Condés Bild unfreiwillig in diesen Kontext gerückt wurde.

Für Jené waren die Jahre bis 1935 von großer Bedeutung: Studium in München, danach in Paris, seine Rückkehr nach Saarbrücken, die Unterstützung durch Fritz Grewenig, der Aufenthalt in der Villa Massimo und schließlich der Umzug nach Wien prägten seine künstlerische Entwicklung maßgeblich. Er blieb dem Saarland immer eng verbunden und erhielt deshalb 1964 den Kunstpreis des Saarlandes, die höchste kulturelle Anerkennung des Landes. Wir gedenken in diesem Jahr seinem 120. Geburtstag und seinem 40. Todestag.

Géo Condé
La Femme de Pierre grise, 1926
Öl auf Leinwand, 115 cm x 164 cm